Nachruf auf Theo Norf
Text: Anne Köster, Bild: DGS Archiv
Datum: 13. November 2017
Ein langjähriger und verdienter Funktionär ist von uns gegangen. Theo Norf starb am 8. November nach einem erfüllten und ereignisreichen Leben im Alter von 85 Jahren. Der DGS hatte ihn bereits in der Jubiläumsfestschrift 2010 mit einem Portrait gewürdigt, das sein Wirken für den Gehörlosensport treffend und umfassend beschreibt:
„Als Sohn gehörloser Eltern wird das ehrenamtliche Genie Theo Norf 1932 in Solingen geboren, er besucht die damalige „Taubstummenanstalt der Rheinprovinz“ in der Schusterstraße in Wuppertal.
Theo Norf
Zwar findet Theo Norf seinen Einstieg in die Welt des Gehörlosensports erst einmal als Aktiver, aber sein wahres Talent und seine Leidenschaft liegen im Ehrenamt. Angefangen hat er 1947 in den Laufdisziplinen der Leichtathletik beim GSV Solingen, aber letztendlich gehört sein Herz dem Fußballsport und der erfolgreiche GSV Wuppertal lockt, da er auch in der Stadt lebt und arbeitet, denn im Jahre 1947 beginnt er seine Schneiderlehre und besucht bis 1950 auch die Berufsschule in Wuppertal. Über 42 Jahre arbeitet er als Schneider und Dekorateur bei der Firma C&A Brenninkmeyer.
Entscheidend für den Vereinswechsel ist jedoch der Fußball und Theo Norf wird vom Solinger Leichtathleten zum Wuppertaler Fußballer. Für das Nationalteam reicht es nicht, aber die Wuppertaler spielen auch erfolgreich in der Kreisklasse der Hörenden. Bis zu seinem 30. Lebensjahr bleibt er dem runden Leder aktiv treu, dann beginnt er das, was er am besten kann, das Ehrenamt als Leiter der Wuppertaler Fußballabteilung. Er bleibt erfolgreich im Amt, bis er es 2005 seinem Sohn übergibt. Als Leiter der Fußballabteilung baut er eine gute und erfolgreiche Mannschaft auf und aus dieser Mannschaft gehen viele Nationalspieler hervor. Die Wuppertaler sind erfolgreich im Spielbetrieb des DGS und der Knoten platzt, als Wuppertal 1989 Deutscher Meister wird. Als nur eine von vielen Ideen lädt Theo Norf nach dem Fall der Mauer den Deutschen Meister Ost zu einem deutsch-deutschen Finale nach Wuppertal ein: Deutscher Fußballmeister West gegen den Deutschen Fußballmeister Ost. Auf dem Rasenplatz Uellendahl treffen der GSV Wuppertal und der GSV Erfurt aufeinander, um den Besseren zu bestimmen. Wuppertal gewinnt mit 8 zu 3 Toren und wird Gesamtdeutscher Meister.
Wuppertal, 1929 aus den einzelnen Städten Barmen, Elberfeld, Vohwinkel, Cronenberg und Ronsdorf gegründet, ist die Heimat von vier Gehörlosen-Vereinen. Die damalige Vorsitzende der Evangelischen Gehörlosen-Gemeinde Elberfeld 1886, Rosa Altenfeld, treibende Kraft der Gehörlosenbewegung in Wuppertal und NRW, hat die Idee, einen Stadtverband zu gründen, damit die vier Wuppertaler Gehörlosen-Vereine nach innen und außen besser vertreten werden, so kommt zu den vielen Aufgaben Theodor Norfs im Jahre 1971 noch eine weitere hinzu: Vorsitzender des Stadtverbandes der Gehörlosenvereine Wuppertal e.V.
Theo Norf ist jedoch nicht nur auf Vereinsebene, sondern auch im Dachverband aktiv, 1959 wird er Westkreis-Fußballwart des Landes-Gehörlosen-Sportverbandes NRW und nach der Umstrukturierung 1974 zum Landesfußballwart gewählt. Damit pflegt Theo Norf eine in vielerlei Hinsicht arbeitsreiche Leidenschaft im Bereich Sport und Soziales, der Dachverband DGS, der Gehörlosen SV Wuppertal und der Stadtverband der Gehörlosenvereine Wuppertal. Unter drei DGS-Präsidenten, Heinrich Siepmann, Friedrich Waldow und Hubert Wilhelm versieht Theo Norf sein Amt mit Einfallsreichtum und Tatkraft, an seiner Seite Nationalspieler und späterer Bundestrainer Werner von der Ruhren als ein aufmerksamer und treuer Ratgeber.
Aber nicht nur national, sondern auch international ist Theo Norf tätig, er begleitet die Nationalelf zu internationalen Turnieren wie den Weltspielen und Europameisterschaften. Er ist zuständig für das Wohl und Wehe der Spieler und um seine Auslandsaufenthalte ranken sich viele Anekdoten. Als ein eingefleischter Kettenraucher kann er zum Beispiel Friedrich Waldow den Krankenhausaufenthalt während der Weltspiele 1977 in Sofia/Rumänien erheblich versüßen, indem er den Chefarzt mit geschmuggelten deutschen Zigaretten für eine Sonderbehandlung des DGS-Präsidenten besticht. 1981 bei den Weltspielen in Köln fallen die Trikots der Mannschaft seiner Faulheit zum Opfer, bequem gibt er die Wäsche an der Hotelrezeption ab, anstatt sie selber im benachbarten Waschsalon zu waschen; das Ergebnis ist fatal - alles eingelaufen. Auch ist er bekannt als notorischer Falschparker im Ausland.
1987 finden die ersten Fußball - Europameisterschaften der Gehörlosen in Viareggio/Italien statt. Die deutsche Mannschaft belegt den 3. Platz, vier Jahre später in Brüssel/Belgien und dann 1995 in Berlin gehört Theo Norf selbstverständlich zum Organisationskomitee. Dort arbeitet auch Dieter Wickert; still und unauffällig macht er den Ergebnisdienst und fällt Theo Norf wegen seiner ausgezeichneten Arbeit ins Auge. Deshalb überlässt er ihm 3 Jahre später gerne nach 20 Jahren Tätigkeit das Amt als Verbandsfachwart.
Theo Norf engagiert sich in vielen Bereichen und er bekommt dafür entsprechend viel Anerkennung; 1986 die Goldene DGS-Ehrennadel für Verdienste auf nationaler und internationaler Ebene; 1987 durch den Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande, überreicht durch Ursula Kraus, Oberbürgermeisterin der Stadt Wuppertal; im gleichen Jahr die Heinrich Siepmann-Plakette des DGS. Das Land NRW ehrt ihn 1993 mit der Sportplakette des Landes für Verbands und Vereinsarbeit. 1997 überreicht ihm, in Vertretung des Bundespräsidenten, Wuppertals OB Dr. Hans Kremendahl, das Verdienstkreuz 1. Klasse für herausragende Arbeit im Gehörlosensport und in der Sozialarbeit für gehörlose Menschen.
Diese Anerkennungen hat er sich verdient - in jeder Hinsicht eine Kämpfernatur, hat er sowohl im Gehörlosensport als auch für die Stadtverbände Wuppertal großes Engagement gezeigt und seine Ämter erfolgreich und beharrlich erfüllt.“
Umso mehr trauern wir um den Verlust eines Menschen, der viel im Gehörlosensport bewirkt hat und nicht zuletzt um einen Freund. Der Familie sprechen wir unser tief empfundenes Beileid aus.
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