2. Fußball-WM 2012 in Ankara/Türkei
2. Fußball Weltmeisterschaften der Gehörlosen
16. – 29. Juli 2012 in Ankara/TUR
Gelungene Integration in den Fußball-Nationalmannschaften des DGS
Schon immer lag im Sport ein großes Integrationspotenzial, im Gehörlosensport ein noch größeres? Ist das Integrationsproblem im Gehörlosensport geringer, weil die Sprachbarriere kaum vorhanden ist? In Gebärden lässt es sich überall auf der Welt unter Gehörlosen einfacher kommunizieren, als unter Hörenden. In der Fußball-Nationalmannschaft der Männer haben sechs Spieler einen Migrationshintergrund und wurden dazu befragt.
Torwart Thomas Hafner kam 1992 aus Kasachstan und hütet seit 2003 das Tor der Nationalmannschaft. Er hatte nie Problem mit der Kommunikation und beherrscht noch heute die russische Gebärdensprache wie auch Denis Jukovskiy aus Usbekistan, der hier vor Ort überschwänglich von seinen früheren Trainern aus Usbekistan begrüßt wurde. Auch für dieses Team absolvierte er zahlreiche Länderspiele bevor er im Jahr 2000 nach Deutschland kam. Jusko, wie ihn alle nennen, ist sehr kommunikativ und hatte von Anfang an keine Probleme im Team. Mit 29 Jahren bekam er 2005 den deutschen Pass, wurde umgehend nominiert und fühlt sich voll integriert. Aus Afghanistan kommt Edris Saighani, der über Indien mit 9 Jahren nach Deutschland kam. Edris fühlte sich nicht von Beginn an wohl in Deutschland und auch nicht sofort im Team, in das er 2004 berufen wurde. Erst seit 2007 fühlt er sich voll in der Mannschaft integriert und gehört zu den Führungsspielern.
Auch untereinander verstehen sie sich gut, der junge Firat Kaya und Kadir Tatar
Die zwei TV Stars des DGS-Teams sind bei dieser WM natürlich Firat Kaya und Kadir Tatar, die beide ihre Familien in der Türkei haben. Das Medieninteresse an beiden Spielern ist sehr hoch und sie werden immer mit der Frage konfrontiert, warum sie für Deutschland und nicht für die Türkei spielen. Kadir sagt, er spielt schon seit 12 Jahren für Deutschland, seine Muttersprache ist Deutsch und die Frage, für wen er spielet, stellte sich erst gar nicht, da er in Deutschland geboren wurde. Firat wurde mit dieser Entscheidung erst vor ein paar Monaten konfrontiert, als Trainer von der Ruhren ihn für die Nationalelf entdeckte und er nominiert wurde. Aber auch er, geboren in Deutschland, entschied sich sofort für die deutsche Elf. Seine Eltern kamen in jungen Jahren nach Deutschland und sein Bruder wurde noch in der Türkei geboren. Er fühlt sich gut aufgenommen und es gefällt ihm sehr gut im Team. Der letzte im Bunde ist der in Russland geborene Alexander Peters, der mit zwei Jahren nach Deutschland kam. Er ist der Einzige unter den Migranten, der auch überlegt hat, für Russland zu spielen. Es ist ihm aber nicht möglich, drei Monate für das Training in Russland zu verbringen.
Keiner der befragten Spieler fühlte sich je angefeindet oder ausländerfeindlichen Angriffen ausgesetzt. Und integriert wurden alles sofort.
Bei den Frauen ist es Fatma Alkan, deren Familie hier in Ankara lebt. Auch sie sagt, dass sie niemals angefeindet wurde im Sport der hörgeschädigten Menschen. Im Gegenteil, hier wurde sie herzlichst aufgenommen. Sie ist von der Gründung der Frauenmannschaft an dabei. Melissa Gracic` Eltern flohen 1989 aus Bosnien nach Deutschland und Melissa wurde hier geboren. Sie spielt seit 2009 für Deutschland und hat sich im Laufe der Zeit zu einer Führungsspielerin entwickelt. Jennifer Menard und Melania Kaminski, die zum ersten Mal im Nationalteam sind haben ihre Vorfahren in Polen. Melania Kaminski kam mit ihren Eltern als Kleinkind nach Deutschland. Beide fühlen sich sehr wohl, haben keine Kommunikationsproblem im Team und freuen sich, dass sie für Deutschland spielen. Bei der WM ist auch die polnische Nationalmannschaft zum ersten Mal dabei und Jennifer, die in Deutschland geboren wurde sagt, dass sie schon darüber nachgedacht hat, für welches Land sie spielen soll, hat sich dann aber für Deutschland entschieden.
Interessant ist, dass alle - Frauen wie Männer - erstaunt waren, zu diesem Thema befragt zu werden, denn sie haben eigentlich kaum darüber nachgedacht, da sie sich sofort in den Teams zu Recht fanden und sich die Integrationsfrage gar nicht stellte.
Laut Aussage von Trainer Werner von der Ruhren ist es im Gehörlosenfußball aber schon Tradition, dass Migranten im Team spielen, schon vor mehr als 10 Jahren spielten türkisch und polnisch stämmige Fußballer im Männerteam. Frank Zürn, seit nunmehr 12 Jahren Bundestrainer kann nur bestätigen, was die Spieler sagen. Nie gab es im Team Integrationsprobleme, im Gegenteil, die Migranten bereichern die Mannschaft.
Man sagt, dass Sport Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen kann und günstige Voraussetzungen schaffen kann, Freundschaften zu schließen. Das können alle Sportler nur bestätigen, nicht nur in ihren eigenen Gehörlosen Vereinen und hörenden Vereinen in Deutschland. Insbesondere auch Grenzübergreifend ergeben sich im Gehörlosensport immer wieder Freundschaften, die über Jahre halten. Im heutigen Medienalltag mit Skype, Facebook, SMS und E-Mail ist das für hörgeschädigte Menschen noch einfacher als früher.