11. Gehörlosen Tennis Europameisterschaften
26. Juli bis 2. August 2008 in Bukarest/ROM
Abschlussbericht
Mit einem hervorragenden Ergebnis gingen die Deutschen aus der 11. Tennis Europameisterschaft der Gehörlosen 2008 vom 26. Juli bis 02. August in Bukarest/ROM hervor. Dreimal Gold und einmal Bronze machten die Sportler und Sportlerinnen des DGS Deutschland zur Tennisnation Nummer Eins in Europa.
In diesem Turnier zeigte sich, dass sich das Niveau im internationalen Tennis geändert hat. Es gibt nach wie vor durchaus Unterschiede, aber an der Spitze finden sich weitaus mehr gleichwertige Kontrahenten als bisher. Starker Nachwuchs hat dafür gesorgt, dass es in allen Disziplinen dieser EM einen neuen Champion gibt. Während die Spitze dichter wird, fehlt es dennoch nicht an neuen jungen Gesichtern aus anderen Ländern, die scheinbar ohne Chance auf Medaillen an einer solchen Sportveranstaltung teilnehmen. Gerade die Türkei ist es, die – nicht nur im Tennis – vermehrt und zunehmend erfolgreicher an internationalen Turnieren teilnimmt und so dem olympischen Gedanke folgt: „Dabei sein ist alles!“
In diesem Turnier gingen vor allem die Damen aus Deutschland an die Front. Unumstrittener Stern am Himmel dieser Europameisterschaft war die 17jährige Heike Albrecht aus Deutschland. In einem Teilnehmerfeld von 15 Spielerinnen aus 9 Nationen – darunter starke Gegnerinnen aus Italien, Frankreich und Spanien – , brachte sie als jüngste deutsche Teilnehmerin und zweitjüngste Teilnehmerin der gesamten Meisterschaft aus jeder Disziplin – Einzel, Doppel und gemischtes Doppel – die Goldmedaille mit nach Hause. Bei der EM 2008 in Bukarest ging es für sie um viel. Ihr oberstes Ziel hieß, Barbara Oddone den Titel im Einzel abzunehmen. Dafür musste sie zuerst an der Spanierin Beatriz Villamandos Llorenzo und der Französin Sophie Bernard vorbeikommen, zwei nicht zu unterschätzende Gegnerinnen, beide noch neu im internationalen Tennis der Gehörlosen. Heike zeigte in allen Spielen eine konstant ausgezeichnete und vor allem reife Leistung. Viel mehr noch steigerte sie sich und nutzte die Gelegenheit, um gemeinsam mit den Bundestrainern Peter Mende und Dr. Frank Mollenkopf im Verlauf des Turniers an Schwächen zu arbeiten. Bestens vorbereitet und perfekt eingestellt ging sie in ihr großes Finale gegen die langjährige Titelverteidigerin Barbara Oddone und holte sich den Sieg, den Titel und die Medaille. In den Doppeldisziplinen hatte sie mit Urs Breitenberger und Neuling Verena Fleckenstein die perfekte Ergänzung. Auch hier überzeugte sie mit hundertprozentigem Einsatz und großartigem Tennisspiel.
Verena Fleckenstein als zweite deutsche Spielerin nahm das erste Mal an einem internationalen Turnier teil und erwies sich in allen Spielen als technisch versiert und in jeder Hinsicht viel versprechend. Gemeinsam mit ihr war die Hoffnung auf Gold im Damen Doppel mehr als berechtigt. In den Einzelwettkämpfen konnte sie sich gleich bei ihrem ersten Mal bis ins kleine Finale spielen. Ihr großes Match war das Damen Doppel gegen die starken Italienerinnen Barbara Oddone und Susanna Ricci-Bitti, das die beiden Deutschen in einem sehr schönen Spiel für sich entscheiden konnten. Das zweite Gold für die deutschen Damen! In Hinblick auf Taipeh gibt Verena Fleckenstein Anlass zu Hoffnung auf weitere Erfolge für Deutschlands Damen.
Anders als bisher waren es diesmal die Herren, die mit weniger Medaillen nach Hause kamen. In einem Teilnehmerfeld von 35 Sportlern aus 12 Nationen erreichten alle DGS Spieler im Einzel das Viertelfinale, im Doppel errang das Duo Kett/Breitenberger die Bronzemedaille, im gemischten Doppel holte Urs Breitenberger mit Heike Albrecht Gold.
Gerade bei den Herren sind die Gegner an der Spitze mehr und stärker geworden. Um mit Favoriten wie Gabor Máthè aus Ungarn, Mario Kargl aus Österreich und Jan Jaap Uiterwijk Winkel aus den Niederlanden sowie dem Altmeister Mikael Laurent im Kampf um die Medaillen mithalten zu können, war in jedem Spiel absolute Höchstleistung, die richtige Einstellung und eine ausgezeichnete körperliche Verfassung gefragt.
Gunnar Kett, langjähriger Doppelexperte im deutschen Tenniskader, wurde auch bei dieser Europameisterschaft seinem Ruf gerecht und holte sich mit Urs Breitenberger die Bronzemedaille. Urs Breitenberger, Deutschlands Nummer 2, blieb im Einzelwettkampf unter seiner möglichen Leistung, was ihn um die Chance auf eine Medaille im Einzel brachte, auf die man sich durchaus berechtigt Hoffnung gemacht hatte. Seine Chance kam an der Seite seiner Mixed Partnerin Heike Albrecht. Hoch motiviert und mit echten Willen zum Sieg überzeugte Urs Breitenberger mit einem über weite Strecken nahezu fehlerlosen Spiel. Als verdiente Sieger brachten er und Heike Albrecht die Goldmedaille nach Hause. Von Hans Tödter sah man in dieser Europameisterschaft mehrfach Bestleistung, zwar konnte er sich gegen die starken Gegner nicht durchsetzen, aber es wurde deutlich, dass wir von ihm noch lange nicht alles gesehen haben. Beide Trainer waren sehr zufrieden mit seinem Einsatz. Torsten Vonthein, nun schon seit 1985 erfolgreiches Mitglied im Tennis Nationalkader des DGS, zeigte seine gewohnt ausgeglichene und technisch starke Leistung. Leider konnte er bei diesem Turnier seine langjährige Erfahrung nicht in einen Medaillensieg umwandeln.
Der Erfolg der Deutschen war maßgeblich geprägt von dem Engagement der Trainer und ihrer guten Einstellung der Spieler auf die einzelnen Matches. Physiotherapeut Heiner Brinkmann sorgte konsequent dafür, dass die Mannschaft fit in die Spiele gehen konnte.
Unabhängig vom sportlichen Erfolg der deutschen Mannschaft kam die Europameisterschaft auf Grund organisatorischer Engpässe vorerst nur zögerlich in Gang, dennoch bemühte sich das kleine Team um Nitu Florin vom ProDeafClub Bucuresti, der für die Ausrichtung der Meisterschaften hauptsächlich verantwortlich war, erfolgreich um eine Steigerung. Trotz dieser wenigen Mängel, die alle aus dem Gehörlosen Sport kennen, wurden weder die Sportler noch das Wettkampfgeschehen davon beeinträchtigt.